Interview mit Catrin Berger vom 19.04.1990
Vielen Dank an Silwe Rieger (damals 17 Jahre)!

Wir (mein Fotograf und ich) betreten das Sendestudio des BR, wo wir vom Radiothek-Team freundlich empfangen werden. Durch ein 
Fenster kann man in den schalldichten Raum sehen, in dem Catrin Berger gerade die neuesten Verkehrsmeldungen vorliest. Als sie sich dann im Rock 'n' Roll-Takt zu Jackie Wilson auf dem Stuhl hin und her bewegt, bricht die Redaktion in Lachen aus.
Jetzt bemerkt uns die Moderatorin der B3-Radiothek und sie macht ein Zeichen, daß wir zu ihr in die Sendekabine kommen sollen. Nachdem sie uns begrüßt und die Technik ein wenig erklärt hat, bittet sie darum, daß wir ruhig sind, wenn das rote Licht aufleuchtet, und entschuldigend meint sie, daß sie wärend der Sendung nicht besonders gesprächig ist, weil sie sich konzentrieren muß.
Bis auf kleinere Gemeinheiten der Redaktion (sie drehten die Lautstärke auf Catrin's Kopfhörer voll auf - leider war der kabineninterne Lautsprecher auch an, so daß wir ebenfalls aufschreckten), verläuft die letzte Stunde der B3-Radiothek normal.
Um 16.00 Uhr gehen wir dann mit ihr in ein Café wo ich mit meinem Interview beginne.

SR: Du bist Münchnerin...
CB: Nee, ich bin in der DDR geboren.

SR: Dann erübrigt sich wohl die Frage, warum du keinen oberbayerischen Dialekt sprichtst.

CB: Ja, das kommt daher, daß ich mit 6 Jahren aus der DDR geflüchtet bin, und dann habe ich sehr lange in Köln gelebt, und seit 1974 lebe ich in München, und daher kommt das, daß man das nicht so raushört.

SR: Darf man Deinen Geburtstag wissen?

CB: Ja, 22.Dezember 1960.

SR: Hast du Geschwister?
CB: Nein, ich bin ein Einzelkind.

SR: Du bist bei den Englischen Fräulein zur Schule gegangen. Hast Du dort auch dein Abitur gemacht?

CB: Nein, ich hab mittlere Reife gemacht. Ich war zuerst beim Film, und hab Produktionsassistenz gelernt, und dann bin ich über einen Zufall zu einem Privatsender gekommen. Radio Eins war das.

SR: Ist es auf Deiner Schule besonders streng und gesittet zugegangen?

CB: Ja, stimmt. Ich bin ja zuerst in Nordrhein-Westfalen zur Schule gegangen, und da hatten alle, einschließlich mir, nur Blödsinn im Kopf, und da hat sich meine Mutter gedacht, es ist vielleicht gut, wenn ich wenigstens einmal am Tag Sitte und Anstand beigebracht kriege. Naja, da war ich dann bei den Englischen Fräulein, und da war nichts erlaubt und alles verboten, und mich reizt sowas.

SR: Was waren deine Lieblingsfächer?

CB: Sprachen, Deutsch und Religion (ev.) hab ich gern gehabt.

SR: Hattest Du Lieblingslehrer?

CB: Ja, eine Geschichtslehrerin. Die hat mich nie aufgerufen, weil ich ihr zu blöde gesprochen habe, aber die mochte ich als Typ ganz gerne,und ich mochte eine Schwester sehr gerne, die war 97 Jahre alt. Die hat Autorität ausgestrahlt, und solche Menschen mag ich auch heute noch gerne.

SR: Übst Du irgendeine Sportart aus?

CB: Ich tanze ganz gerne, aber nur zu Hause.

SR: Wie bist Du zum BR gekommen?

CB: Ich hab mich ganz normal beworben, mit einer Cassette und einem Brief. Ich hab dann ein paar Mal angerufen, und der Jürgen Herrmann hat mich dann eingeladen, und so bin ich halt hiergeblieben.

SR: Boulevard hat bei den Zeitungen eine negative Bedeutung. Hältst Du den B3-Boulevard für ein Klatschmagazin?

CB: Ja, und ich stehe auch dazu. Wenn ich aber die 97. Scheidung von Sylvester Stallone ernsthaft jemandem nahebringen müßte, dann würd ich's nicht tun.

SR: Wie bereitest Du dich auf deine Sendungen vor?

CB: Wenn ich Themen habe, informiere ich mich, wo ich kann und versuche dann einigermaßen, anständig was draus zu machen. Information ist ganz wichtig und auch 'ne gute Redaktion.

SR: Kannst Du bei der Musikauswahl für deine Sendungen mitreden?

CB: Ja, schon. Aber es gibt einen eigenen Musikredakteur.

SR: Was machst du in Deinem Urlaub?

CB: Ich war jetzt mal 4 Wochen weg, und hab die ganze Zeit gefaulenzt. Städtereisen mag ich auch ganz gern: New York hat mich fasziniert, Paris, London und Madrid.

SR: Was würdest Du machen, wenn du im Lotto gewinnen würdest?

CB: Auf gar keinen Fall aufhören zu arbeiten. Ich weiß nicht, was ich mit Geld machen würde.

SR: Welche der drei folgenden Personen würdest Du am ehesten heiraten: Sylvester Stallone, Tom Jones oder Armin Ammler?
(Anmerkung: Armin Ammler ist der Lieblingskorrespondent von Catrin Berger)

CB: (lacht) Keinen. Sylvester Stallone spricht mich rein äußerlich nicht an, Tom Jones ist mir effektiv zu alt, und er verkauft seine Potenz, das finde ich dann verdächtig, und Armin Ammler ist verheiratet.

SR: Hast Du einen Freund?

CB: Ja.

SR: Wie lerntest Du ihn kennen?

CB: Ich hab ihn gesehen, und dann habe ich mich in ihn verliebt, und ich hab mich ziemlich lange nicht getraut, es zu sagen, 
und er hat sich auch nicht getraut. Das war ziemlich witzig.

SR: Was wäre für Dich das größte Unglück?

CB: Nicht gesund zu sein.

SR: Was ist Dein Hauptcharakterzug?

CB: Im positiven oder im negativen Sinn?

SR: Allgemein, beides.

CB: positiv: ich bin ziemlich zuverlässig.
negativ: ich bin dickköpfig.

SR: Was verabscheust Du am meisten?

CB: Ich mag keine geizigen Menschen, und das mein ich nicht nur materiell, sondern auch ideell, also kleinkariertes Denken, oder
zu schnelles Urteilen.

SR: Welche natürliche Begabung möchtest Du gerne besitzen?

CB: Ich möchte gerne ganz toll singen können. Ich hab auch das große Glück, daß es jemanden gibt, der unglaublich gerne
mit mir ins Studio geht und Musik macht, und ich sing dann dazu. Das ist wahrscheinlich der einzige Mensch, der sich das anhören mag.

SR: Was war Deine letzte Enttäuschung?

CB: O Gott... (lacht) Das weiß ich nicht. (überlegt) Jetzt fällt mir gerade auf, daß ich wahrscheinlich gar nicht so leicht zu enttäuschen bin.

SR: Was ist für Dich momentan wichtiger: deine Karriere oder das Familienleben?

CB: Karriere bedeutete für mich, beides zu schaffen.

SR: Wann willst Du eine Familie gründen?

CB: Wenn es jemanden gibt, der mich mit meinen Schwächen nimmt, und wenn ich den dann auch mit seinen Schwächen nehmen kann.

SR: Hattest Du schon mal eine richtige Alptraumsituation in einer Deiner Sendungen?

CB: Schon viele: z.B. du sitzt in einer Livesendung und ein Gast kommt nicht.

SR: In einer "Live aus dem Alabama"-Faschingssendung sieht man Dich mal zwischen Konfetti und Luftschlangen gefangen...

CB: Ja, das ist ein ganz gutes Beispiel. Was man nämlich nicht im Bild sah: da zog plötzlich einer der angeblichen Faschingsgegner eine Pistole aus seinem Sakko und sagt "Das war deine letzte Stunde!" und in dem Moment, wo ich ja noch nicht wußte, daß das Verarsche ist,hab ich das auch geglaubt. Da hab ich im ersten Moment gedacht: "O Gott, ich wollte ja nie öffentlich sterben, und jetzt muß ich das tun.
Jetzt sitze ich mit so einem Trottel am Tisch, der mich erschießen will." Das war schon ziemlich alptraummäßig.

SR: Wie hast Du die Situation gemeistert?

CB: Ich hab dann von der Redaktion einen Zettel gekriegt, daß das eben Fasching ist, und Scherz, Scherz, ha, ha, ziemlich witzig, da hast du dich ja sauber blamiert, und dann mußt ich auch nur noch lachen.

SR: Du warst mal im Radioreport-Team dabei, aber mitten im Jahr hat der Günther Jauch für Dich den Gerd Rubenbauer eingesetzt.
War das für Dich eine Degradierung oder bist Du freiwillig gegangen?

CB: Nee, freiwillig sicher nicht, denn das wäre ja ziemlich blöde gewesen. Ich will nicht sagen, daß ich mich innerlich damit abfinde, immer Prominenten den Platz zu räumen. Das ist etwas, was ich als Tatsache akzeptiere, und was mich eher angespornt hat.
Meine Einstellung zu Günther Jauch als Journalisten hat sich aber nicht verändert.

SR: Wie findest Du Claus-Erich Boetzkes als neuen Unterhaltungschef des BR?

CB: Ich hab nicht die Probleme, die andere anscheinend mit ihm haben. Ich finde, daß er sehr engagiert die Sendungen verfolgt, 
und ich kann nur sagen, daß wir gut zusammenarbeiten.

SR: Glaubst Du, daß Du den Radiohörern eine Rolle vorspielst, immer nett, locker, flapsig-frech?

CB: Du kannst in dem Geschäft nur gut sein, wenn du du bist.

SR: Wie stehst du zu Deinen Fans, und was denkst Du über deine Kritiker?

CB: Ich finde Kritik ganz wichtig, weil ich schon so jemand bin, der sich das zu Herzen nimmt. Es ist nicht so, daß ich mich dann immer sofort vor den Zug werfen würde, weil einer sagt "Mein Gott, du blöde Kuh..." und natürlich freut einen das, wenn die Leute schreiben oder anrufen, die's ganz gut gefunden haben.

SR: Was war bis jetzt die härteste Kritik?

CB: Das war vielleicht schon zu Zeiten von "Alabama", muß ich sagen, weil die Kritik, die da kam, nicht immer konstruktiv war. Da hat sehr viel Personalpolitik eine Rolle gespielt.

SR: Hast du deswegen mit "Live aus dem Alabama" aufgehört?

CB: Ja, das war der Hauptgrund.

SR: Wie würdest Du Deine eigenen Moderationen benoten?

CB: Ich glaub, daß ich sehr unterschiedlich sein kann, und daß meine Tagesform manchmal ziemlich raushängt, aber wenn ich mich nicht gut finden würde, würd ich's nicht machen.

SR: Bist Du vor Deinen Sendungen aufgeregt?

CB: Ja, schon, ab und zu, Nicht immer. Früher war ich immer aufgeregt.

SR: Was machst du dagegen?

CB: Ich schreie. Ja, wirklich! Das mach ich aber immer, auch wenn ich nicht aufgeregt bin, daß ich vor der allerersten Verkehrsmeldung, 
die kommt, ganz laut schreie, und dann geht's mir besser.

SR: Welche Ziele hast Du Dir für die Zukunft gesteckt?

CB: Ich möchte auf jeden Fall immer Hörfunk machen, und ich hoffe, daß ich irgendwann meine Aversion gegen Fernsehen ablege. Die hab ich noch sehr stark, seit "Live aus dem Alabama". Ich hab deswegen auch mehrere Sachen abgelehnt, weil ich mich nicht mehr getraut hab, die zu machen. Was ich mir wünsche, ist immer was mit Menschen, und das auf dem Fernsehsektor, das wär eigentlich so ein Traum von mir.

SR: Ich hätt jetzt noch das Assoziationsspiel. Ganz spontan antworten:

Kinder.
CB: Gerne; Junge, Mädchen; ich liebe Kinder.

SR: Blau.

CB: Farbe; betrunken - jetzt hätt ich beinahe besoffen gesagt; schön.

SR: Luxus.

CB: Nicht besonders wichtig; manchmal ganz angenehm; es ist die Frage, was Luxus ist.

SR: Nizza.

CB: War ich noch nie; kenn ich nicht, interessiert mich auch nicht.

SR: Harmonie.

CB: Super-wichtig; Zweisamkeit; Wärme.

SR: Geheimnisse.

CB: (lacht) Ganz schlecht. Hab ich aber auch viele, muß man tolerieren.

SR: Älter werden.

CB: Vollkommen in Ordnung. Ich lehne Lifting ab, und ich mag überhaupt Menschen, die zu ihrem Alter stehen.

SR: O.K., das wär's gewesen. Danke.



Special Thanks to Christoph Deumling, der das Interview vermittelt hat